Rotes Kreuz Krankenhaus
04.03.2025
Meilenstein-OP in Bremer Gefäßzentrum

Erstmalig in Bremen hat ein Team des Aortenzentrums im Rotes Kreuz Krankenhaus eine komplette Aortenbogenprothese minimalinvasiv implantiert.
Die Erfahrung, die benötigt wird, um diese hochkomplexe Operation durchzuführen, konzentriert sich in Deutschland auf wenige spezialisierte Zentren. Die individuell gefertigte Prothese („Triple Branch“) wird dabei minimalinvasiv über die Leiste sowie über weitere kleine Zugänge vom Hals oder Arm aus eingeführt. Der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine mit Herzkreislaufstillstand sowie das Öffnen des Brustkorbs sind dank des minimalinvasiven Verfahrens nicht mehr notwendig.
Die Aorta transportiert als größte Schlagader des Menschen sauerstoffreiches Blut vom Herzen in den gesamten Körper. Pro Minute strömen bei einem Erwachsenen fast fünf Liter Blut durch die Hauptschlagader. Ein Aneurysma, also eine Gefäßaussackung der Aorta, ist lebensgefährlich und führt, wenn es reißt, schnell zum Tode. Aus dem Aortenbogen entspringen drei wichtige Arterien, die Arme und Gehirn mit Sauerstoff versorgen (siehe Grafik). Entsteht eine Gefäßaussackung in diesem Aortenbogen in unmittelbarer Nähe des Herzens und den Abzweigungen zum Kopf und zu den Armen, ist in der Regel eine große und gefährliche offene Operation notwendig - inklusive Längsdurchtrennung des Brustbeins, Herbeiführen eines Herzstillstandes und Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine sowie das Abkühlen (Hypothermie) des Patienten in der Vollnarkose. All dies muss geschehen, damit der lebenswichtige Blutkreislauf während der Operation nicht unterbrochen wird. Gerade für ältere und multimorbide Patient:innen ist diese OP sehr belastend – manchmal schlicht nicht möglich.

Bei dem nun in Bremen erstmals endovaskulär, also per Katheter, minimalinvasiv durchgeführten Eingriff im Rotes Kreuz Krankenhaus setzten die Gefäß-Experten Dr. Frank Trösch, Leiter Endovaskuläre Chirurgie und Bernhard Schmuck, Leitender Arzt Angiographie / Interventionelle Radiologie und ihr Team die Gefäßprothese bei einem 76-Jährigen Patienten per Katheter über die Leiste sowie weitere kleine Zugänge vom Hals aus ein. Die Prothese, welche die Hauptschlagader nun von innen auskleidet, verfügt über drei „Arme“, welche den Blutfluss zu Kopf und Armen sicherstellen. Dieser besondere Stent wurde individuell für den Patienten, der an einer chronischen Lungenerkrankung leidet, angefertigt.
Wenige Wochen nach der OP geht es dem Patienten aus dem Bremer Ortsteil Kattenesch gut. „Die komplizierte OP wurde erstmals in Bremen durchgeführt und zeugt vom exzellenten Know-how und dem hohen Niveau in der sich ständig weiter-entwickelnden invasiven Gefäßchirurgie am RKK. Das Rotes Kreuz Krankenhaus ist eine von wenigen Kliniken in Deutschland, die diese Operation mit Ersatz des kompletten Aortenbogens mit individuell angefertigten Stents durchführt. Ich bin sind sehr stolz, hier im RKK ein so erfahrenes und versiertes Team im Gefäß- und Aortenzentrum zu haben“, sagt Dr. Frank Marquardt, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie des RKK.
„Die Entscheidung, welches Verfahren - offen oder endovaskulär - angewendet wird, hängt von vielen Faktoren ab. Individuelle Risiken der Verfahren und der Patient:innen müssen immer gegeneinander abgewogen werden, betont der Operateur Dr. Frank Trösch, Facharzt für Gefäßchirurgie und Herzchirurgie. „Kleine Zugänge statt großer offener OP, weniger Blutverlust und Narkosemittel, kürzere Zeit auf der Intensivstation und im Krankenhaus“, so fasst der Experte die Vorteile der minimalinvasiven OP zusammen. Erste Studien zeigen: Die Mortalitäts- und Schlaganfallraten sind im Vergleich zur offenen Operation in einer Hochrisikopatientengruppe ebenfalls günstig. Langzeitergebnisse für den minimalinvasiven Einsatz der Aortenbogenprothese stehen noch aus, deshalb profitieren zurzeit vor allem Patienten, die wegen ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen nicht offen operiert werden könnten.
Das Gefäßzentrum im Rotes Kreuz Krankenhaus war das erste seiner Art in Bremen, gegründet 2003. Das spezialisierte RKK-Aortenzentrum, welches die Klinik 2019 gründete, zählt laut DIGG-Register heute zu den wenigen sogenannten high-volume centern, das heißt, den größten in Deutschland. „Erkrankungen der Hauptschlagader sind ein medizinisches Spezialgebiet und erfordern die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Fachgebieten Gefäßchirurgie, Angiologie und Radiologie. Am RKK werden alle Therapieoptionen für die Behandlung von therapiepflichtigen Aortenerkrankungen bei Erwachsenen an einem Standort angeboten“, betont Dr. Trösch. Für Patienten mit Erkrankungen der Brust- oder Bauchschlagader gibt es eine spezielle Sprechstunde.