09.12.2010
Rotes Kreuz Krankenhaus feiert 100 Jahre Labor
Vor 100 Jahren entstand im damaligen Neubau des Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen das Labor. Das Jubiläum wurde am Mittwoch, 8. Dezember in einer Feierstunde begangen.
„Sie wollen wissen, ob der Patient Diabetes hat? Na dann probieren Sie mal!“ Barbara Tülp wird nie vergessen, wie ein Chefarzt einem jungen Assistenzarzt vor 35 Jahren die Urinprobe des Patienten auffordernd unter die Nase hielt. Die langjährige Medizintechnische Assistentin (MTA) erinnert sich: „Das war natürlich damals schon eine altertümliche Methode, um Zucker im Urin festzustellen – und sicher nicht ganz ernst gemeint - aber tatsächlich würde es funktionieren, denn der Urin schmeckt bei Diabetikern sehr süß“. Ob man vor 100 Jahren am RKK wirklich Urin probierte, um auf „Nummer sicher“ zu gehen, weiß heute niemand mehr. Vor 30 Jahren jedenfalls wurde per Hand in jede Probe eine bestimmte Säure geträufelt und dann hieß es warten, bis der Zucker nachgewiesen werden konnte. Heute übernimmt die Technik diese Aufgabe – wie so viele andere. Eine Maschine bearbeitet und analysiert die barcodierten Proben der Patienten. Das angeforderte Ergebnis kann der Arzt sofort auf seinem Computerbildschirm sehen.
Vor 100 Jahren entstand im damaligen Neubau des Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen das Labor. Das Jubiläum wurde am Mittwoch, 8. Dezember in einer Feierstunde begangen. Ehemalige und jetzige Mitarbeiter, Ärzte und Pflegekräfte resümierten über Vergangenheit und Fortschritt und natürlich gab es ein großes Dankeschön seitens Laborleitung und Geschäftsführung des Hauses für die Kolleginnen und Kollegen.
Wie sich die Arbeit im Labor verändert hat, beschreibt Karin Staar, Laborleiterin am RKK, so: „Stellen sie sich vor, sie kochen ein Essen zu Hause. Kartoffeln, Gemüse, Fleisch etc. dauern unterschiedlich lang und trotzdem muss hinterher alles gleichzeitig gar auf dem Tisch stehen. So war das auch im Labor. Früher wurden auf den verschiedenen Stationen zunächst einmal die Blut- und Urinproben genommen. Wenn alles beisammen war, haben meine Kolleginnen und Kollegen nacheinander in bestimmten Reihenfolgen Serien für spezielle Analysen angesetzt, die unterschiedlich lang dauerten. Es gab feste Zeiten, zu denen die Proben genommen und das Ergebnis fertig sein musste. Außer der Reihe gab es nur im Notfall Ergebnisse.“ Auch heute noch müssen die Mitarbeiter einen guten Überblick haben und die Fähigkeit, viele Dinge gleichzeitig zu tun und trotzdem akribisch genau zu arbeiten. Denn wo früher unzählige Röhrchen, Gläser, Pipetten, Töpfe, Tiegelchen standen und Proben aller Art in mühevoller Kleinarbeit untersucht wurden, wird heute 24 Stunden rund um die Uhr modernste computergestützte Analyse zum Wohle der Patienten betrieben. High-Tech- Geräte schaffen bis zu 800 Analysen pro Stunde – natürlich nicht nur Urin. Vor allem Blut und bestimmte Punktate, das sind entnommene Gewebsflüssigkeiten, zum Beispiel aus Gelenken, werden im Labor analysiert.
Die Arbeit im Bremer Rheumazentrum am Rotes Kreuz Krankenhaus erfordert spezielle Analysen: Bakterien und Kristalle weisen auf bestimmte rheumatische Erkrankungen hin, die im RKK behandelt werden. Aber auch Krankheiten wie Herzinfarkte, Blinddarm- oder Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Leber-, Gallen- und Schilddrüsenprobleme und natürlich Schwangerschaften werden nachgewiesen. Etwa eine Millionen Analysen macht das Labor am Rotes Kreuz Krankenhaus jedes Jahr, zehn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten im Schichtdienst. „Nicht alles läuft automatisch, die Untersuchung der Verträglichkeit von Blutkonserven oder die Bestimmung von Blutgruppen machen wir immer noch von Hand“, betont Karin Staar.
„Ohne das Labor geht heute nichts mehr“, betont der für das Labor zuständige Chefarzt Prof. Dr. Jens Gert Kuipers, Leiter des Rheumazentrums am RKK. Wurden die ermittelten Werte früher eher zur Unterstützung angefordert, trifft man heute keine endgültige Diagnose mehr, ohne die Laborergebnisse zu kennen. „Manchmal vergessen wir Ärzte, dass hinter den angeforderten Analysen Mitarbeiterinnen stecken, die mit Herzblut, Servicementalität und bewundernswertem Überblick eine große Leistung bringen. Deshalb ist es umso wichtiger, im Rahmen des Jubiläums vor allem Ihnen einmal ein großes Dankeschön auszusprechen“, so Kuipers.
Die Fotos zeigen die Laborleiterin Frau Karin Staar beim Pipettieren einer Verdünnung für den Gerinnungsanalysator. Fotograf: Michael Ihle.
Historisches Fotomaterial: Das Labor in den 1920er Jahren (Quelle: RKK / Gerhard Reuß)
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