Freie Kliniken Bremen — Vierfach umsorgt

Antikörpertherapie

Den Tumor enttarnen

Mit einer neuen Antikörpertherapie bekämpfen die DIAKO-Onkologen aggressive Tumore, die auf Chemotherapie nicht ansprechen – für Professor Dr. Ralf Ulrich Trappe eine kleine medizinische Revolution.

Ingo Hartel

22 S09 01
Die Antikörpertherapie mobilisiert das körpereigene Immunsystem für den Kampf gegen den Tumor. Professor Dr. Ralf Ulrich Trappe erläutert den Wirkmechanismus des ein­gesetzten Medikaments.

Als sich Werner Herwig* im April 2016 in der hämato-onkologischen Sprechstunde des DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus vorstellte, war der damals 58-Jährige so schwach und abgemagert, dass er sich nur im Rollstuhl fortbewegen konnte und Sauerstoff benötigte. Seine Ärzte hatten bei ihm Lungenkrebs festgestellt und eine Lebenserwartung von vielleicht sechs Monaten eingeräumt. Heute lebt Werner Herwig nicht nur entgegen der vorherigen Prognosen, sondern ist auch weitgehend beschwerdefrei – dank der Antikörpertherapie, mit der ihn Professor Dr. Ralf Ulrich Trappe seitdem in der Klinik für Hämatologie und Onkologie des DIAKO behandelt.

Im Februar 2015 war bei dem Niedersachsen Herwig ein Bronchialkarzinom diagnostiziert und operiert worden. Während der Operation hatte sich herausgestellt, dass der Tumor bereits in das Rippenfell eingewachsen war. Der linke Lungenflügel wurde vollständig entfernt. Die an-schließende Chemotherapie vertrug Herwig nicht gut, sie wurde bereits nach zwei Monaten beendet. Bald bildeten sich weitere Metastasen. Bevor er ins DIAKO kam, schlossen sich noch zwei (palliative) Chemotherapien an, die aber nur noch der Kontrolle der Krankheit dienten. Professor Trappe: »Auch diese Therapien hatte der Patient nicht gut vertragen und es haben sich auch noch Metastasen an der Nebenniere gebildet. Als er 2016 zu uns kam, bekam Herr Herwig kaum noch Luft. Eine wirklich lebensbedrohliche Situation.«

Bei seiner Behandlung setzte Professor Trappe daher auf eine neue Antikörpertherapie, die insbesondere gegen aggressive hypermutierte Tumore eingesetzt wird, bei denen die Chemotherapie keine Fortschritte erzielt. »Viele dieser Tumore entwickeln früh die Eigenschaft, sich unsichtbar für das Immunsystem zu machen. Stellen Sie es sich vor wie eine Tarnkappe«, beschreibt Trappe die Schwierigkeiten der Tumorbekämpfung. »Gerade Tumore der Lunge, bei denen Chemotherapie nicht mehr wirkt, sind äußerlich sehr stark verändert und deshalb grundsätzlich sehr immunogen. Das gentechnologisch hergestellte Medikament zieht dem Tumor die Tarnkappe ab. Das Immunsystem erkennt den Fremdkörper und attackiert ihn dann massiv.«

Seit Beginn der Antikörpertherapie erhält Werner Herwig alle 14 Tage eine Infusion des neuartigen Medikamentes, welches das Immunsystem zur Bekämpfung des Tumors nutzt. Er verträgt die Infusionen ohne wesentliche Nebenwirkungen und die Metastasen an der Nebenniere sind verschwunden. Der inzwischen 59-Jährige ist schmerzfrei, hat 15 Kilogramm zugenommen und kann sich wieder ohne Rollstuhl bewegen.

Grösster Fortschritt seit 50 Jahren

Trappe bezeichnet die Fortschritte bei der Antikörpertherapie als Segen für Krebspatienten: »In den vergangenen 18 Monaten hat sich der Standard in der Behandlung vieler Tumorerkrankungen durch den Einsatz neuer Immuntherapeutika nahezu revolutioniert. Es ist vielleicht der größte Fortschritt in der Onkologie, den wir in den letzten 50 Jahren hatten.«

* Name auf Wunsch des Patienten geändert.

Kontakt

Prof. Dr. Ralf Trappe
Chefarzt der Medizinischen Klinik II / Hämatologie und internistische Onkologie
0421-6102-1481
onkologie@diako-bremen.de

DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus Gröpelinger Heerstraße 406–408
28239 Bremen
www.diako-bremen.de

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