Freie Kliniken Bremen — Vierfach umsorgt

Taubheit

Auch Hören will gelernt sein

Schwerhörigkeit oder Taubheit sind oft auf genetisch bedingte Fehlbildungen im Ohr zurückzuführen. Mit Cochlea-Implantaten weist die HNO-Klinik des DIAKO Betroffenen einen Weg aus der Stille.

Ingo Hartel

21-17
Aufgrund einer fehlgebildeten Hörschnecke war der sechsjährige Mohammad fast taub. Mit einem Cochlea-Implantat stellte Professor Dr. Ercole Di Martino sein Hörvermögen wieder her.

Der sechsjährige Mohammad aus Syrien lebt mit seiner Familie seit einem Jahr in Bremen. Es hatte gedauert, bis seine Eltern merkten, dass Mohammad offensichtlich nicht hören konnte und auch Probleme mit dem Gleichgewicht hatte. Noch im Heimatland folgte eine Reihe von Untersuchungen. Sie zeigten, dass die Hörschnecke (Cochlea) des Jungen fehlgebildet und er fast vollständig taub war. Bevor dem Jungen geholfen werden konnte, flüchtete die Familie vor dem Bürgerkrieg nach Europa. In Bremen organisierten die Betreuer aus seiner Unterkunft einen Arztbesuch für Mohammad, der dann ins DIAKO eingewiesen wurde.

»Kinder können taub auf die Welt kommen, weil die Hörschnecke wegen eines genetischen Defektes nicht richtig ausgebildet ist«, so Professor Dr. Ercole Di Martino, Chefarzt der HNO-Klinik im DIAKO und Leiter des Cochlea-Implantat-Zentrums. »Oder Erwachsene verlieren ihr Gehör ohne nachvollziehbare Ursachen wie Infektionen oder Lärm. Auch dann sind Genveränderungen als Auslöser nicht auszuschließen.« Ein Cochlea-Implantat ermöglicht es Betroffenen, (wieder) hören zu lernen. Seit mehr als zehn Jahren bietet die HNO-Klinik Cochlea-Therapien an – heute können sie schon im ersten Lebensjahr eines Patienten begonnen werden. Chefarzt Di Martino hat Mohammad in einer vierstündigen Operation auf beiden Seiten des Schädels je eine elektronische Hörhilfe in den Schädel implantiert. Di Martino: »Ein solcher Eingriff erfordert viel Erfahrung, denn der Operateur muss einen individuellen Weg finden, um das Implantat in der Ohrschnecke zu platzieren. Erschwerend kommt hinzu, dass der Gesichtsnerv durch das OP-Feld läuft. Dieser darf keinesfalls verletzt werden.« Die komplizierte Operation verlief nach Plan und knapp sechs Wochen später wurden Mohammads Innenohrprothesen zum ersten Mal angeschaltet.

21-16
Bei der Nachsorgeuntersuchung zeigt Mohammad große Fortschritte – dank intensiver Hör- und Sprachtherapie bei Therapeut Dr. Uwe Martin 
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Intensive Nachsorge

Nun müssen der Junge und seine Familie viel Geduld aufbringen. In einer ambulanten Hör- und Sprachtherapie schult Dr. Uwe Martin Mohammads Gehör über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Dabei wird das Gehirn des Kindes auf die vom Implantat gesendeten Reize trainiert. Anfangs sind wöchentlich mehrere Therapiesitzungen notwendig. Erste deutliche Erfolge konnte der Mediziner bereits bei einer Nachuntersuchung im Spätsommer feststellen: Mohammad ahmte bereits unterschiedliche Laute nach, die Therapeut Martin ihm vorsprach. Professor Di Martino: »Die Nachsorge ist die zweite wesentliche Säule der Behandlung.«

Kurz & knapp

Cochlea-Implantat

Cochlea-Implantate sind elektronische Hörhilfen, die die Funktion der ausgefallenen Hörsinneszellen im Innenohr übernehmen. Der Schall wird über ein Mikrofon aufgenommen und in elektrische Impulse codiert. Diese werden auf den noch intakten Hörnerv übergeleitet. Die so ausgelösten Höreindrücke lernen Betroffene allmählich zu interpretieren. Das Implantat besteht aus zwei Teilen. Ein Teil wird operativ in die Ohrschnecke eingesetzt und im Knochen unter der Haut befestigt. Der zweite Teil wird wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen und mit einem Kabel und einer magnetischen Spule mit dem implantierten Teil verbunden.

Kontakt

Prof. Dr. Ercole Di Martino
Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde sowie Plastische Kopf- und Halschirurgie
0421-6102 – 1301
hno@diako-bremen.de

DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus
Gröpelinger Heerstraße 406–408
28239 Bremen
www.diako-bremen.de

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