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Wirbelsäule

»Enorme Hilfe bei der Diagnose«

Vererbung spielt bei manchen Erkrankungen der Wirbelsäule eine Rolle. Dieses Wissen hilft Dr. Martin Lewandowski, Chefarzt für Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie im DIAKO, bei der Diagnose und der Wahl einer zielgenauen Therapie.

Ingo Hartel

21-13
Rückenprobleme werden nicht automatisch vererbt. Trotzdem liefert die Familiengeschichte dem Chefarzt Dr. Martin Lewandowski manchmal wichtige Hinweise für die richtige Diagnose.

Gesundheit:Bremen: Gibt es Erkrankungen der Wirbelsäule, die wie eine Haarfarbe erblich sind?
Dr. Martin Lewandowski: Ganz so einfach wie bei den Mendel’schen Regeln und den Erbsen ist es nicht. Aber es gibt eine Reihe von Erkrankungen, bei denen die familiäre Disposition zumindest eine Rolle spielt. Wir wissen um den genetischen Einfluss, kennen aber nicht den genauen Erbgang und können daher nicht sagen: Dieses Chromosom ist verantwortlich. Meist kommen mehrere Ursachen zusammen und wir müssen bei der Diagnose unterschiedliche Spuren verfolgen.

Können Sie die Spurensuche an einem Beispiel verdeutlichen?
Nehmen Sie ein Kind, das unter ständigen Rückenschmerzen leidet. Schmerzen können sehr viele Ursachen haben, eine Diagnose ist schwierig. Wenn aber seine Familienmitglieder unter Rheuma leiden, kann es sein, dass das Kind diese Veranlagung geerbt hat. Rheumatische Erkrankungen betreffen häufig die Wirbelsäule, weil ihre Gelenke und das Bindegewebe anfällig für Entzündungen sind. Je schneller die Schmerzursache ermittelt ist, desto zielgenauer kann die Therapie erfolgen. Wie auch beim Morbus Scheuermann: Diese Erkrankung tritt bei Heranwachsenden auf, wenn die muskulären Strukturen noch nicht voll ausgebildet sind. Der Rundrücken betrifft etwa acht Prozent der Bevölkerung. Wir wissen, dass die Erkrankung zum Teil genetisch bedingt ist. Kommt also die Mutter mit ihrem Elfjährigen in die Sprechstunde und klagt, dass der Junge nicht gerade sitzen will, kann es helfen, das familiäre Umfeld zu beleuchten. Ist beim Opa und Vater eine ähnliche Haltung zu beobachten, stärkt es die Diagnose Scheuermann. Der Junge kann dann schon früh mit physiotherapeutischer Unterstützung etwas gegen die Veranlagung unternehmen.

Gibt es weitere Erkrankungen?
Ja, auch bei Morbus Bechterew, einer schmerzhaften Verknöcherung der Wirbelsäule, spielen einzelne oder mehrere Erbfaktoren eine Rolle. Die Krankheit tritt im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf und betrifft 0,5 Prozent der Deutschen. Oft wird sie nicht erkannt und deswegen falsch behandelt – mit durchaus schwerwiegenden Folgen. Bei Morbus Bechterew sind intensive Behandlung und tägliches Training nötig, um eine völlige Versteifung der Wirbelsäule zu verhindern. Erblich bedingt ist auch der sogenannte offene Rücken, ein fehlender Verschluss des Rückenmarkkanals. Oftmals wird diese Fehlbildung zudem durch einen Folsäuremangel in der Schwangerschaft mit verursacht. Mittlerweile ist es bei einer Früherkennung möglich, das Kind schon im Mutterleib zu operieren.

Wird eine familiäre Veranlagung zu bestimmten Rückenproblemen immer vererbt?
Nein, es gibt keinen Automatismus. Oftmals kommen äußere Faktoren hinzu, wie der erwähnte Mangel an Folsäure. Aber die Beachtung einer möglichen familiären Disposition kann eine enorme Hilfe bei der Diagnosestellung sein.

Kontakt

Dr. Martin Lewandowski
Chefarzt Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie/Leiter der Zentralen Notaufnahme
0421-6102-1501
orthopaedie@diako-bremen.de

DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus
Gröpelinger Heerstraße 406–408
28239 Bremen
www.diako-bremen.de

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