Freie Kliniken Bremen — Vierfach umsorgt

Morbus Sudeck

Die entgleiste Heilbehandlung

Morbus Sudeck oder CRPS wird häufig viel zu spät diagnostiziert. Im Rotes Kreuz Krankenhaus ist die Schmerzklinik auf die Behandlung der unterschätzten Gefahr spezialisiert.

Dorothee Weihe

19-17
Dank der Multimodalen Schmerztherapie ist Cerin Waldhäuer endlich wieder schmerzfrei. Damit es so bleibt, kommt sie regelmäßig zur Kontrolle bei Dr. Joachim W. Ulma und trainiert zu Hause selbstständig weiter.

Oktober 2014: Cerin Waldhäuer läuft die Treppe aus dem zweiten Stock hinunter. Der Umzug ist fast geschafft, als sie ins Stolpern kommt und sich einen Innenbandriss im rechten Knie zuzieht. Nichts Schlimmes, sagt der Orthopäde, das wird schon wieder. Aber die 40-Jährige kann das Knie nur noch um 45 Grad beugen, es sticht und schmerzt unter der Kniescheibe. Die Bilder aus dem MRT zeigen nichts Auffälliges. Bei einer Arthroskopie entfernt der Arzt Knorpelreste unter der Kniescheibe. »Als ich aus der Narkose aufwachte, fühlte sich mein Bein wie tot an. Die Schmerzen waren unerträglich«, erinnert sich die Patientin. Nach zwei Monaten ist das rechte Bein noch immer sieben Zentimeter dicker als das andere.

Die Berufsschullehrerin ist verzweifelt. Sie ist selbst beim Gang zum WC auf fremde Hilfe angewiesen und seit Wochen krankgeschrieben. Als der Arzt versucht, ihr geschwollenes Bein mit Druck zu beugen, wird sie ohnmächtig. Monate später erfährt Cerin Waldhäuer, dass Fachleute dringend davon abraten, bei ihrer Krankheit Bewegungen über die Schmerzgrenze hinaus zu erzwingen.

Auf Biegen und Brechen

Obwohl die Diagnose Morbus Sudeck (siehe Kurz & knapp) bereits im Dezember 2014 im Arztbrief steht und die Achimerin mehrere Fachärzte aufsucht, bleibt die Krankheit fast ein halbes Jahr unbehandelt – und wird chronisch. Drei Wochen lang bekommt sie in einer Klinik über einen Katheter im Rückenmark Opiate, Morphium, dazu Kortison und Nerventabletten. Man übt auf Biegen und Brechen, das Bein zu bewegen, und entlässt sie ohne Erfolg – im Rollstuhl. Die Schmerzmittel haben schon die Leber angegriffen, dazu kommen Migräneattacken. Der Hausarzt ist schockiert über den Zustand seiner Patientin und überweist sie in die Klinik für Schmerzmedizin im Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK).

»Das war der Wendepunkt. Jeden Tag waren Dr. Ulma und verschiedene Fachleute um mich herum, die mich und meine Beschwerden sehr ernst genommen haben«, erzählt sie. »Wir haben die Medikamente schrittweise reduziert und eine Multimodale Schmerztherapie begonnen. Das bedeutete: Schmerzpflaster, neuromuskuläre Stimulation, Spiegeltherapie, Psychotherapie, Entspannungsübungen und Lymphdrainage sowie aktive und passive Bewegungstherapie«, erklärt Dr. Joachim Ulma, Chefarzt der Klinik für Schmerzmedizin und Leiter des Bremer Schmerzzentrums im RKK. Cerin Waldhäuer verlässt das Krankenhaus nach gut drei Wochen ohne Schmerzen: »Ich schaffe jetzt zweimal am Tag, anderthalb Kilometer zu Fuß zu gehen und das Bein um fast 110 Grad zu beugen.« Physio- und Spiegeltherapie macht sie selbstständig weiter, im RKK schaut Ulma regelmäßig ambulant nach den Fortschritten. »Zurzeit übe ich Auto fahren«, verrät die gelernte Technische Zeichnerin. »Ende des Jahres will ich wieder meine Schüler unterrichten. Darauf freue ich mich schon seit Monaten!«

Kurz & knapp

Morbus Sudeck oder CRPS

Morbus Sudeck bzw. CRPS (Complex Regional Pain Syndrome) ist eine Schmerzerkrankung eines oder mehrerer Glied-maßen, häufig infolge von Brüchen, Operationen oder Verletzungen der Nerven oder Weichteile. Die Ursachen sind bislang ungeklärt. Aktuelle Studien weisen auf eine Nervenentzündung und eine fehlerhafte Verbindung der Nerven im Rückenmark und Gehirn hin. Informationen für Betroffene: CRPS Bremen/Morbus Sudeck Selbsthilfegruppe: www.sudeckselbsthilfe.de oder telefonisch unter 0421-704581.

Kontakt

Dr. Joachim W. Ulma
Chefarzt der Klinik für Schmerzmedizin – Schmerzzentrum
0421-55 99-277
weihe.d@roteskreuzkrankenhaus.de

Rotes Kreuz Krankenhaus

St.-Pauli-Deich 24

28199 Bremen
www.roteskreuzkrankenhaus.de

Das könnte Sie auch interessieren

Artikel laden

Gesundheit Bremen 19

Inhaltsübersicht laden