Schmerzmanagement
Gemeinsam gegen Schmerzen
Geht es um Schmerzen, sind in modernen Krankenhäusern längst nicht mehr nur Ärzte gefragt. In den Freien Kliniken Bremen arbeiten Mediziner, Schmerzmanager, Pflegekräfte und Physiotherapeuten Hand in Hand, um Schmerzen so effektiv wie möglich zu lindern.
Schnobbl passt auf. Das lernt jedes Kind, bevor es ins St. Joseph-Stift kommt. Das Fantasiewesen mit dem munteren Lächeln ist Teil eines innovativen Konzepts zur Angst- und Schmerzprophylaxe namens ›Dolores‹. In einem Hörspiel bereitet es Kinder auf die Klinik vor. Dort bekommen sie einen Plüsch-Schnobbl geschenkt und nach der OP hören sie die Schnobbl-Musik. Das wirkt: »Die Kinder sind weniger ängstlich und klagen seltener über Schmerzen als früher«, sagt Raimund Ehrentraut. Der Schmerzmanager und Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin kümmert sich darum, dass alle Patienten mit Schmerzen im gesamten Haus nach festen Leitlinien behandelt werden. Seit 2010 bürgt das Zertifikat ›Qualifizierte Schmerztherapie‹ dafür, dass auf jeder -Station gegen Schmerzen vorgegangen wird. »Dabei geht es nicht nur um Medikamente. Das Beispiel Schnobbl zeigt: Es geht auch um Zuwendung – und darum, Patienten gut auf das vorzubereiten, was passiert. Das lindert Ängste und hilft, mit Schmerzen besser zurechtzukommen.«
Schmerztherapie als vielschichtiges Thema zu begreifen – dafür macht sich auch Professor Dr. Stephan M. Freys stark, der die chirurgische Klinik im DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhaus leitet. Noch vor einigen Jahren sei die Behandlung von Schmerzen allein Sache des Arztes gewesen, sagt er. »Wer nach einer OP über Schmerzen an der Schnittwunde klagte, wurde nicht selten bis zur Visite vertröstet.« Auf Freys’ Initiative haben sich bisher drei Kliniken des DIAKO erfolgreich als ›Schmerzfreie Klinik‹ zertifizieren lassen, weitere werden folgen. Grundlage dafür sind Leitlinien für eine effektive Behandlung akuter Schmerzen, entwickelt von Ärzten aller Fachrichtungen. Ein zentraler Punkt: Geschulte Pflegekräfte können innerhalb fester Entscheidungsspielräume Schmerzmittel verabreichen. »Das hilft unseren Patienten mehrfach«, sagt Freys. »Sie fühlen sich weniger ausgeliefert, weil sie schneller versorgt werden. Und sie werden deutlich schneller wieder mobil.«
Dass Patienten möglichst rasch wieder auf die Beine kommen, ist in der Roland-Klinik besonders wichtig. Schmerz ist in der orthopädisch-handchirurgischen Fachklinik hinderlich: »Wenn jemand eine neue Hüfte oder ein neues Kniegelenk bekommt, sollten Muskeln und Organismus nicht durch langes Liegen geschwächt werden«, sagt Dr. Claudia Proske, Chefärztin der Anästhesie und Schmerztherapie. »Der Patient muss sich an die neue Beweglichkeit gewöhnen. Das geht am besten durch Mobilisation schon am Tag nach der Operation.« Einen von Schmerzmitteln benommenen Patienten bekomme der Physiotherapeut ebenso schwer aus dem Bett wie einen, dem jede Bewegung wehtut. »Deshalb ist es uns besonders wichtig, lokale Betäubung und Medikamente effektiv zu kombinieren.« Dass ein Patient wenig Schmerzen hat, sei auch für die Wundheilung wichtig: »Bei Schmerzen schüttet der Körper Stresshormone aus, die die Heilung verlangsamen.«
Wenn Schmerz chronisch wird
Trotz modernem Akutschmerzmanagement, wie es auch im Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK) Standard ist, kann aus akutem chronischer Schmerz werden. Er hält selbst dann noch an, wenn die Ursache nicht mehr besteht, und brennt sich ins sogenannte Schmerzgedächtnis: »Eine Verletzung kann zum Beispiel längst verheilt sein. Trotzdem fühlt sich der Patient, als hätte er noch immer eine Wunde«, erklärt Dr. Joachim W. Ulma, Leiter des Bremer Schmerzzentrums im RKK. In Bremens einziger Spezialklinik für Patienten mit chronischen Schmerzen erarbeiten Fachärzte, Psychologen und Physiotherapeuten mit ihnen ein individuelles Behandlungskonzept. »So komplex wie Schmerz ist, so unterschiedlich sind die Behandlungswege«, sagt Ulma. »Deshalb ist es wichtig, dass wir das Wissen aus mehreren Berufsfeldern zusammenbringen. Je mehr wir über den Schmerz unserer Patienten wissen, desto wirksamer können wir ihnen helfen.«