Das Datum vergisst sie nie: 30. Januar 2009. Annette Riechmann half auf dem elterlichen Hof bei Rotenburg/Wümme und bediente den elektrischen Holzspalter. Was dann geschah, weiß die 57-Jährige nur aus Erzählungen. Vermutlich verrutschte ein Stück Holz im Spalter, sie griff nach – und die Maschine trennte ihre rechte Hand ab. »Ich sah die Hand im Gras liegen, blieb aber ruhig und gefasst«, sagt sie. Ihr Mann nahm die abgetrennte Hand an sich, wählte im Haus die 112. »Ich riet meinem Mann sogar noch, die Hand zu kühlen«, erzählt die Mindenerin. Erst als die Rettungskräfte eintrafen, brach sie zusammen. Die Notärzte narkotisierten die Patientin und flogen sie per Hubschrauber in die Roland-Klinik.

Auf schwerwiegende Handverletzungen ist das Zentrum für Hand- und Rekonstruktive Chirurgie der Roland-Klinik spezialisiert (siehe Kurz & knapp). »Bei einer Replantation operiert man immer vom Groben ins Feine«, so Chefarzt Dr. Hans-Joachim Bauer, der Annette Riechmann operierte. »Zusammengefasst: Bei der sogenannten Osteosynthese stabilisieren wir zunächst die durchtrennten Knochen mit Platten, Schrauben oder Drähten. Dann werden Sehnen, Gefäße und schließlich feinste Nerven per mikrochirurgischer Naht wieder miteinander verbunden. Ein externer Fixateur kann der Hand zusätzlich vorübergehend Halt geben.«

Reha bereits kurz nach der OP

Nach der rund neunstündigen OP wurde Annette Riechmann zunächst auf der sogenannten Intermediate-Care-Station beobachtet. Ihr Mann, täglich an ihrer 
Seite, übernachtete in der Klinik. Zwei Monate blieb sie im Krankenhaus und trainierte ihre Hand. »Die Reha fing bereits im Bett an. Täglich kamen die Physiotherapeuten und übten mit mir«, erinnert sie sich. Das sei wichtig, damit die Hand nicht versteife und die Therapeuten die Heilung genau beobachten können. Denn nach Replantationen kommt es manchmal zu Durchblutungsstörungen und im schlimmsten Fall zum Absterben des replantierten Körperteils. Nicht so bei Annette Riechmann, schon bald kehrte das Gefühl in ihre Fingerspitzen zurück.

Auf die Entlassung folgten fünf Monate stationäre Reha in Hamburg, in denen sie Alltägliches neu lernen musste: »Mit nur einer Hand ging erst einmal nichts.« Die 57-Jährige blieb am Ball, war ehrgeizig. Heute kann sie ihre rechte Hand fast vollständig wieder einsetzen: »Ich bin jetzt zu 50 Prozent schwerbehindert. Aber glücklicherweise nehme ich die Einschränkungen nicht so sehr wahr.« Allerdings fehlt der rechten Hand die Ausdauer. Kleine Handgriffe strengen mehr an als früher: Paprika schneiden, ein volles Glas heben oder lange Briefe schreiben, all das erledigt Annette Riechmann trotzdem wieder mit rechts. »Dazu muss ich mich immer wieder auch zwingen, denn manches geht mittlerweile mit links auch ganz gut«, gibt die Mindenerin zu.