Freie Kliniken Bremen — Vierfach umsorgt

Delirmanagement

»Gefährdete vor einem Delir bewahren«

Das im Mai 2024 eingeführte Delirmanagement im St. Joseph-Stift verzeichnet bereits innerhalb des ersten Jahres eine hohe Erfolgsquote: Nur ein Prozent von insgesamt mehr als 640 gefährdeten Patient:innen entwickelten ein Delir. Gesundheit Bremen hat die Delirbeauftragten Rebecca Aleff und Julia Galajda interviewt und sie nach ihrem Erfolgsrezept gefragt.

Interview: Fiona Müller

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Rebecca Aleff bringt langjährige Erfahrung aus der Geriatrie im demenzsensiblen Bereich mit, Julia Galajda sammelte diese in der Anästhesie- und Intensivmedizin. Beide sind ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerinnen.

Gesundheit Bremen: Was bedeutet Delirmanagement konkret für die Patient:innen?
Rebecca Aleff: Unser grundsätzliches Ziel ist es, ein Delir1 zu verhindern. Je früher man Delire oder die Gefahr erkennt, umso schneller bekommt man das Delir weg oder kann den Orientierungsverlust verhindern. Kommen delirgefährdete Patientinnen oder Patienten in die Narkosesprechstunde, wird anschließend unsere Expertise dazugeholt. Bei Bedarf begleiten wir Betroffene von der Aufnahme über die OP bis zur Verlegung auf die Station. Im Aufwachraum führen wir etwa erste Maßnahmen durch, die Desorientierten helfen, sich schneller wieder zurechtzufinden. Wir führen intensive Gespräche über Ängste und Sorgen, sind wertfrei unterstützend für sie da. Die Stationen fordern uns an, wenn jemand bereits mit einem Delir eingeliefert wird. Wichtig ist, dass wir schnell nach den Ursachen für ein bestehendes oder drohendes Delir suchen, um adäquat handeln zu können.

Eingeführt wurde das Delirmanagement im Rahmen eines Qualitätsvertrags mit mehreren Krankenkassen. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Ergebnis?
Julia Galajda: Sehr! Das erste Jahr war ein Erfolg auf verschiedenen Ebenen: Die Delirprävention hat im gesamten Haus an Bedeutung gewonnen. Alle Berufsgruppen setzen sich engagiert dafür ein, Delire oder Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und ihnen wirksam vorzubeugen. So konnten wir bereits viele Gefährdete vor einem Delir bewahren und Betroffene gut unterstützen. Unsere Delirrate liegt bei einem Prozent, der Bundesvergleich bei den auch in unserem Haus durchgeführten Operationen bei etwa 40 Prozent. Da die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Delir viel Zeit kostet, zahlt sich die Prävention im Arbeitsalltag aus. Für die weitere Sensibilisierung im Haus geben wir interne Fortbildungen, etwa für die Intensivstation, da hier das Delirrisiko in allen Altersgruppen besonders hoch ist. Außerdem können Kolleginnen und Kollegen einen Tandemtag bei uns absolvieren, da gibt es mittlerweile Anfragen aus ganz Deutschland.

Welche konkreten Pläne haben Sie für die Zukunft?
Galajda: Wir werden intern weiter an der Optimierung unserer Ergebnisse arbeiten, wollen aber dringend auch extern für das Thema sensibilisieren. Denn wir kennen fast alle eine Person, die sich schon mal im Delir befunden hat, allerdings ohne zu wissen, was es war. Wir halten öffentliche Vorträge und bieten in Zusammenarbeit mit unserem Demenzteam zweimal monatlich eine offene Sprechstunde an.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Aleff: Wir wünschen uns, dass Delir kein Tabuthema mehr ist. Menschen sollen wissen, dass ein Delir auftreten kann, und wie sie damit umgehen können, um die Angst vor dem ›Verrücktwerden‹ im Krankenhaus zu verringern. 40 Prozent der Delire wären durch pflegerische Intervention vermeidbar. Wir möchten weitere Gesundheitseinrichtungen motivieren, sich diesem wichtigen Thema anzunehmen.


  1. Zustand akuter Verwirrtheit, beispielsweise nach einer Narkose. Typische Symptome sind Wahrnehmungsstörungen, Desorientierung und Schläfrigkeit. Gefährdet sind insbesondere ältere Menschen mit Demenz oder anderen Vorerkrankungen. ↩︎

Kontakt

Rebecca Aleff und Julia Galajda
Delirbeauftragte
0421 347-30021
bzw. -30032
raleff@sjs-bremen.de
jgalajda@sjs-bremen.de

Krankenhaus St. Joseph-Stift
Schwachhauser Heerstraße 54
28209 Bremen
sjs-bremen.de
facebook.com/stjosephstift
instagram.com/stjosephstift

Gesundheit Bremen 39

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