Freie Kliniken Bremen — Vierfach umsorgt

Verschlossene Herzkranzgefässe

Auf der Umgehungsspur

Wenn sich chronisch verschlossene Herzkranzgefäße nicht mehr öffnen lassen, kann ein seltener Spezialeingriff im Herzkatheterlabor des Rotes Kreuz Krankenhaus Betroffenen helfen.

Dorothee Weihe

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Professor Dr. Rüdiger Blindt bespricht mit Dr. Patrick Klüsener die Behandlung eines Patienten. Im Herzkatheter­labor werden die Herzkranz­gefäße unter Verwendung von Röntgen­kontrast­mitteln untersucht. So können Verengungen und Verschlüsse festgestellt und behandelt werden.

Schon länger fühlt sich Günther Vomhofe1 schlapp. Als er nach Anstrengung immer schlechter Luft bekommt, sucht der 76-Jährige die Praxis Kardio Bremen im Rotes Kreuz Krankenhaus auf. Professor Dr. Rüdiger Blindt, der sowohl in der Praxis als auch in der Klinik als Leitender Kardiologe tätig ist, entdeckt nach auffälligem Herzultraschall im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung bei seinem Patienten eine koronare Herzkrankheit – und ein fest verschlossenes Koronargefäß. Höchste Zeit, den Blutfluss wiederherzustellen! »Gerade wenn ein Verschluss länger als drei Monate besteht, ist die Wiedereröffnung viel aufwendiger und langwieriger als die Behandlung von kleinen Engstellen und akuten Verschlüssen. Hierfür kann ein doppelter arterieller Zugang zum Gefäßsystem erforderlich sein«, erklärt Blindt. Wenn die großen Arterien im Herz derart verkalkt sind, entwickelt der Körper zwar manchmal eigenständig ›Umgehungskreisläufe‹, die das Blut dann über kleine Umwege weiterleiten. Diese arbeiten jedoch nicht so effektiv wie die normale Blutversorgung.

Der Experte versucht zunächst, den chronischen Verschluss mit Drähten unterschiedlicher Härte und Beschichtung durch beide Pulsarterien in Richtung des normalen Blutflusses (›antegrad‹) zu beseitigen. Erfolglos, die Verkalkung sitzt zu fest. »Wenn die Eröffnung auf diese Art nicht gelingt, gibt es nur noch die Bypassoperation – oder man beseitigt den Verschluss hinten herum, aus Richtung des Umgehungskreislaufes, also ›retrograd‹«, beschreibt Professor Blindt die Alternativen. Voraussetzungen dafür sind umfassendes Methodenwissen, Erfahrung des Operateurs sowie Spezialmaterialien im OP. Blindt, der während seiner früheren Tätigkeit am Universitätsklinikum Aachen zum Thema geforscht hat, ist einer der wenigen Ärzt:innen, die diese besondere Methode in Nordwestdeutschland durchführen. »Die retrograde Behandlung kommt für sehr wenige Patientinnen und Patienten infrage, bei denen der normale Zugang nicht möglich ist – hier kann die Methode aber ein Segen sein«, sagt der Herzspezialist. Der Eingriff ist aufgrund seiner Komplexität und Dauer nicht ohne Risiken. »Wir klären vorher genau ab, ob eine Behandlung im Herzkatheterlabor oder eine Bypassoperation das geeignetere Verfahren ist«, betont Blindt. Eineinhalb Stunden dauert der Eingriff, bei dem der Facharzt die verschlossene Koronararterie seines Patienten retrograd stufenweise mit Ballons weitet und beschichtete Stents einsetzt. Heute ist Günther Vomhofes Luftnot verschwunden. Er nimmt Medikamente, um die weitere Verkalkung seiner Gefäße in den Griff zu bekommen – es geht ihm gut.


  1. Name von der Redaktion geändert. ↩︎

Kontakt

Professor Dr. Rüdiger Blindt
Leitender Arzt Kardiologie
0421 59660-610
blindt.r@roteskreuzkrankenhaus.de

Rotes Kreuz Krankenhaus
St.-Pauli-Deich 24
28199 Bremen
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