Gesundheit Bremen: Wer kommt heute über die Notaufnahme zu Ihnen in die Unfallchirurgie?
Dr. Martin Lewandowski: Durch den gestiegenen Anteil an älteren Menschen in unserer Gesellschaft hat sich deren Zahl in der Unfallchirurgie in den vergangenen zwanzig Jahren deutlich erhöht. Stürze beispielsweise führen bei älteren Menschen häufiger zu einem schweren Bruch als bei Jüngeren.
Dr. Götz Kemper: Gleichzeitig sind viele Menschen heute deutlich aktiver als vor einigen Jahren. Sie fahren E-Bike oder E-Scooter. Auch dadurch passieren eherUnfälle, die Knochenbrüche und auch Wirbelsäulenverletzungen zur Folge haben.

Sollte man bei Rückenschmerzen gleich zum Wirbelsäulenchirurgen?
Lewandowski: Das ist ein sensibles Thema. Gerade bei Wirbelsäulenverletzungen ist es wichtig, schnell zu reagieren. Häufig werden Schmerzen nach vorerst leicht erscheinenden Stürzen, wie zum Beispiel einem Stolpersturz, zunächst als harmloser Hexenschuss fehlgedeutet. Die Patient:innen kommen dann meist erst sehr spät, dabei können wir im Wirbelsäulenzentrum viel für sie tun. Ein Check beim niedergelassenen Orthopäden und ein Röntgenbild sind auf jeden Fall wichtig im ersten Schritt, um die richtige Diagnose und Therapieempfehlung zu erhalten.

Wie schnell sind die Patient:innen nach einer unfallchirurgischen Operation wieder fit?
Lewandowski: Da wir heute viele Eingriffe minimalinvasiv durchführen können, ist die Erholungszeit für die Patient:innen inzwischen deutlich kürzer als früher. Füreine Kyphoplastie, die reine Zementverstärkung eines Wirbels, ist zum Beispiel nur noch ein kleiner Einstich mit einer Nadel erforderlich.
Kemper: Wichtig ist bei allen Operationen – ob Oberschenkelhalsbruch, Oberarmfraktur oder Wirbelsäulenverletzung: Die Patient:innen müssen schnell wiedermobil sein. Dank der bei uns direkt im Haus angesiedelten Physiotherapie stehen unsere Patient:innen in der Regel am Tag nach der OP schon wieder auf.
Lewandowski: Gerade bei älteren Patient:innen reduziert sich schnell die Muskelmasse, wenn sie nur liegen. Mobilität ist hier ganz wichtig, um eine Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Meist schließt sich daher eine Rehamaßnahme an den Krankenhausaufenthalt an.

Welches sind die neuesten Entwicklungen aufIhrem Fachgebiet?
Kemper: Wir profitieren bei Operationen von der modernen Diagnostik und den neuesten Erkenntnissen. So operieren wir nach Möglichkeit in einer Single Position – also ohne die Patient:innen während der Operation noch einmal umzulagern. Das ist eine deutlich geringere Kreislaufbelastung. Dank des Neuromonitors können wir während derOperation die Nervenfunktionen überwachen – das ist bei Wirbelsäulenoperationen ganz wichtig.
Lewandowski: Jeder Abschnitt der Wirbelsäule ist besonders und erfordert besondere Kenntnisse. Dank der langjährigen Erfahrung mit Wirbelsäulenverletzungen können wir von der Hals- über die Brust- und Lendenwirbelsäule bis zum Becken alle Verletzungen so umfassend versorgen, dass die Patient:innen schnell wieder mobil sind. Da bei uns Unfallchirurgie und Orthopädie zusammengehören, also Hand in Hand arbeiten, können wir ein besonders breites Spektrum an Leistungen auch im Bereich Sportverletzungen und in der Endoprothetik anbieten.