Fibromyalgie
»Hilfe zur Selbsthilfe«
Starke Schmerzen, die die Lebensqualität über Monate hinweg einschränken, können auf eine komplexe Schmerzerkrankung wie Fibromyalgie hinweisen. Dr. Claudia Müller, leitende Ärztin der Klinik für Naturheilverfahren im St. Joseph-Stift, erklärt, welche Rolle Stress im Erkrankungsverlauf einnimmt.
Gesundheit Bremen: Was versteht man genau unter einer Fibromyalgie?
Dr. Claudia Müller: Das Krankheitsbild zeichnet sich neben den starken Schmerzen in unterschiedlichen Körperregionen, die länger als drei Monate bestehen, durch Begleitsymptome wie nicht erholsamen Schlaf, Erschöpfung, Verdauungsbeschwerden und Schwellungen des Gewebes beispielsweise der Hände und/oder Füße aus. Um festzustellen, ob eine Fibromyalgie vorliegt, müssen wir zunächst mögliche neurologische, orthopädische oder rheumatische Erkrankungen sowie eventuelle Medikamentenunverträglichkeiten ausschließen.
Welche Rolle spielt Stress bei der Erkrankung?
Stress kann sowohl ein Auslöser als auch ein Verstärker sein. Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass bei Patient:innen mit einem Fibromyalgiesyndrom eine Überaktivität des Sympathikus, eines Teils des vegetativen Nervensystems, vorliegt: Der Schmerz wird also stärker wahrgenommen. Durch diese erhöhte Sensibilisierung sinkt die Schmerzschwelle bei Betroffenen herab. Schmerzhemmende Signale werden nicht optimal aktiviert. Dauerhafter Stress kann dann zur Chronifizierung der Fibromyalgie beitragen.
Wie können Patient:innen aus diesem Teufelskreis herauskommen?
Fibromyalgie ist ähnlich wie beispielsweise Erkrankungen der Herzkranzgefäße ›multifaktoriell‹. Das bedeutet, dass mehrere Faktoren bei der Entstehung eine Rolle spielen. Entsprechend muss die Erkrankung auch mit verschiedenen Methoden – also multimodal – angegangen werden. Bei uns in der Klinik sind das individuell auf die Patient:innen abgestimmte Methoden wie Physiotherapie, Entspannungstechniken, physikalische Anwendungen – beispielsweise Kneipptherapien –, Ernährungsumstellung oder der Einsatz von Heilkräutern. Entscheidend ist, den Patient:innen ihre Selbstwirksamkeit erlebbar zu machen, ihnen zu zeigen, dass sie selbst etwas tun können.
Was erreicht man mit dieser multimodalen Therapie?
Im Grunde erleben die Patient:innen bei einem stationären Aufenthalt eine Anleitung und Hilfe zur Selbsthilfe. Die Fehlregulation der Schmerzverarbeitung wird Schritt für Schritt reduziert und die Krankheit erträglicher. Der Schmerz soll nicht mehr tagesbestimmend sein, sondern sich wie ›normaler‹ Schmerz anfühlen. Die Patient:innen bekommen das Handwerkszeug für ihr persönliches Schmerz- und Stressmanagement. Ziel ist natürlich, die Lebensqualität zu steigern und zum Beispiel auch wieder in den Beruf zurückkehren zu können.
Kontakt
Dr. Claudia Müller
Leitung Ambulanz der Klinik für Naturheilverfahren
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Krankenhaus St. Joseph-Stift
Schwachhauser Heerstraße 54
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