Behandlung älterer Menschen
Abwägen zwischen Notwendigkeit und Risiko
Die Behandlung älterer Menschen erfordert einen besonders umsichtigen Blick aller medizinischen Fachrichtungen des Rotes Kreuz Krankenhaus. Auch bereits lange bestehende Krankheiten verändern sich – und damit ihre Behandlung.
Ernst-Otto Birkholz blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Über 40 Jahre lang leitete er die ›Modellbau Unterweser‹, Norddeutschlands größte Modellbau-Firma. Der Handwerksbetrieb baute maßstabsgetreue Modelle – zunächst für Schiffbauunternehmen in Deutschland und im Ausland, später auch für weitere Branchen wie die Weltraumindustrie. Volle Auftragsbücher, vor allem während der Blütezeit der Werften, die Familie mit drei Töchtern, Geselligkeit und Sport füllen sein langes Leben mit vielen Erinnerungen. Zu Hause ist der 91-Jährige aufgrund einer stark fortschreitenden Sehschwäche zeitweise auf Unterstützung angewiesen. Vor 20 Jahren kam der Nord-Bremer erstmals ins Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK). Seine Rheumatoide Arthritis, die jahrzehntelang die Handgelenke unter Beanspruchung stark anschwellen ließ, ist seitdem medikamentös gut eingestellt.
»Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit zu erkranken. Aber auch bereits lange bestehende Krankheiten und deren Behandlung verändern sich«, sagt Rheuma-Chefarzt Professor Dr. Jens Gert Kuipers. »Der Einsatz sowie Wirkung und Verträglichkeit von Medikamenten ist bei jungen und alten Menschen verschieden«, erklärt der Experte anhand eines Beispiels: Im Alter sinkt die Nierenfunktion. Dies kann ein anderes Rheumamedikament nötig machen. Passt dieses Medikament zu den bereits verschriebenen Tabletten anderer Ärzte? Welche Nebenerkrankungen liegen chronisch und welche akut vor? Sind Medikamente abzusetzen? Welche sind wirklich notwendig, in welcher Dosis?
»Es ist wichtig, das aufmerksam kontinuierlich zu begleiten und verständlich zu kommunizieren«, betont der Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Immunologie und Osteologie. Um eventuelle Veränderungen frühzeitig zu erkennen, schaut sich Professor Kuipers regelmäßig per Ultraschall die inneren Organe seines Rheumapatienten an.
»Abgewogen, altersbezogen und die Patient:innen sowie die Angehörigen so weit wie möglich einbeziehend, so sollte eine Therapie in meinen Augen immer sein. Dies kann in bestimmten Fällen auch bedeuten, gemeinsam zu der Entscheidung zu kommen, eine Therapie oder eine Operation bewusst nicht durchzuführen«, sagt Kuipers.
»Ich lasse mir erklären, was, warum und wie ich behandelt werden kann. Da kann ich mich gut reindenken. Wenn die Entscheidung gefallen ist, verlasse ich mich auf die RKK-Ärzte, sie sind ja die Fachleute auf ihrem Gebiet.«
Ernst-Otto Birkholz
Bei einer Routineuntersuchung entdeckt der Rheumatologe 2019 die erweiterte Brustschlagader von Ernst-Otto Birkholz und schickt ihn zu Dr. Frank Marquardt ins RKK-Gefäßzentrum. »Ab einer gewissen Größe wächst die Gefahr, dass ein solches Aneurysma platzt oder reißt«, weiß der Gefäßexperte. Über einen Zugang an der Leiste wird eine Gefäßprothese (Stentgraft) an der problematischen Stelle der Schlagader platziert und diese von innen, also endovaskulär, abgedichtet. »Offene Operationen an der Brustschlagader weisen eine hohe Komplikationsrate auf. Für Hochbetagte wie Herrn Birkholz ist das keine Option«, erklärt der Chefarzt des Gefäß- und Aortenzentrums. Der Eingriff erfolgt in enger Abstimmung mit dem Fachbereich Rheumatologie, die Operation selbst mit anästhesiologischer Maximalversorgung. »Über verschiedene Katheter geben wir Narkosemittel, Medikamente, Elektrolytlösungen und haben den Blutdruck ständig im Blick«, betont Anästhesie-Chefarzt Dr. Carsten Brummerloh. Sehr wichtig war für Ernst-Otto Birkholz das ausführliche Aufklärungsgespräch. Aus Sicht des Seniors: »Ich lasse mir erklären, was, warum und wie ich behandelt werden kann. Da kann ich mich gut reindenken. Wenn die Entscheidung gefallen ist, verlasse ich mich auf die RKK-Ärzte. Sie verstehen ihr Handwerk und geben – so wie ich früher im Beruf auch – ihr Bestes«, davon ist der Selfmademan überzeugt.
Im Mai 2021 stürzt der Nord-Bremer und kommt mit starken Rückenschmerzen ins RKK. Dr. Ingo Arnold, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, sieht im Röntgenbild den Bruch eines Lendenwirbelkörpers. »Wenn die Gefahr besteht, dass durch den Druck des Wirbelkörpers Schäden am Wirbelkanal entstehen, die beispielsweise Lähmungen hervorrufen können, muss man über eine operative Wirbelsäulenstabilisierung nachdenken«, erklärt der Fachmann. Bei der sogenannten Kyphoplastie füllt man den Wirbelkörper mit einer dünnen Kanüle über die Wirbelbögen mit Knochenzement auf. Für seine letztendlich nicht operative Therapieempfehlung legt Dr. Arnold unter anderem ein wissenschaftliches Punktwertsystem (Score) verschiedener diagnostischer Parameter zugrunde, zum Beispiel Knochendichte, Schmerz, Neurologie, Mobilisation und Gesundheitszustand. Aufgrund seiner leichten Osteoporose verordnen Orthopäde Dr. Arnold und der internistische Rheumatologe Professor Kuipers gemeinsam eine spezielle jährliche Infusionstherapie zur Knochenfestigung. Gegen die akuten Schmerzen bekommt der Senior eine örtliche Spritze, die das Gewebe umflutet, und zur Entlastung eine Orthese (Stützkorsett). Nach wenigen Wochen sind die Schmerzen weg.
Ernst-Otto Birkholz ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig eine gesunde Lebensweise für die Fitness im Alter ist: »Ich war früher Kanute, bin viel Wasserski gelaufen und mit dem Boot unterwegs gewesen. Kegeln und Turnen im Verein habe ich auch sehr gemocht. Und auf eine ausgewogene Ernährung haben wir in der Familie immer geachtet.«
Kontakt
Professor Dr. Jens Gert Kuipers
Chefarzt der Klinik für Internistische Rheumatologie
Leiter des Bremer Rheumazentrums
0421 5599-511
kuipers.j@roteskreuzkrankenhaus.de
Dr. Frank Marquardt
Chefarzt des Gefäßzentrums/Aortenzentrums
0421 5599-880
marquardt.m@roteskreuzkrankenhaus.de
Dr. Carsten Brummerloh
Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin / Ärztliche Geschäftsführung
0421 59 660-241
brummerloh.c@roteskreuzkrankenhaus.de
Dr. Ingo Arnold
Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
0421 5599-501
arnold.i@roteskreuzkrankenhaus.de
Rotes Kreuz Krankenhaus
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